Blog 30
Bekannt und berüchtigt sind Dildos bereits aus der Antike des 6. Jahrhunderts vor unserer Zeitrechnung, damals ,olisbos' (pluralisch, olisboi) genannt. Den Darstellungen und Schilderungen nach aber scheinen sie eher der voyeuristischen Stimulation des Partners als der Selbstbespaßung zu dienen. Vermutlich gilt das sogar auch noch für den heutigen Onlinesex.
Die dildonische Formenvielfalt war offenbar schon damals recht ausgeprägt, beispielsweise zeigt ein altes Vasenbild gleich einen doppel-köpfigen Dildo, welcher offenbar nur den Sinn haben kann, dass zwei dadurch vaginal miteinander verkoppelte Lesben sich tribadisch simultan selber begatten.
Doch reichen seine Wurzeln anscheinend viel weiter zurück. 2005 wurde in der Karsthöhle ,Hohler Fels' ein 28.000 Jahre alter steinerner Phallus ausgebuddelt, wobei aber ungeklärt ist, ob dieser eher der Verwendung als Dildo oder als Schlagwerkzeug, oder beides, Verwendung fand. 2008 entdeckte man in der Schicht V (älteres Aurignacien) die 6 cm große ,Venus vom Hohlefels' mit einem Mindestalter von 35.000 Jahren, neben der ,Venus vom Galgenberg' die älteste Venusfigurine der Menschheit. Beide Funde zeigen, dass der erotischen Phantasie schon in der Steinzeit keine Grenzen gesetzt sind.
Die Höhle liegt im Archäopark Vogelherd – nicht Vögelherd! – auf der östlichen Schwäbischen Alb an der Landstraße zwischen Niederstotzingen und Bissingen ob Lontal und wurde 2017 als eine der sechs Höhlen der Weltkulturerbestätte Höhlen und Eiszeitkunst der Schwäbischen Alb in das UNESCO-Welterbe aufgenommen.
Ob auch die jungpaläolithischen Dildos ins Erbe mit eingeschlossen sind, wird nicht eigens erwähnt. Ein Weltkulturerbe scheinen sie jedenfalls doch zu sein.
Nun entsteht uns bei alldem ein ausgewachsenes Paradox: Gibt es nämlich überhaupt keinen vaginalen Orgasmus, wofür mancherlei Indizien sprechen, – wozu brauchen die verehrten Damen von der grauen Vorzeit bis heute bei ihrer Selbstbefriedigung dann überhaupt einen Vibrator oder Dildo, als welcher seine Wirkung im Wesentlichen offenbar doch durch die Reibung in der Vagina entfacht? Vibrator und Dildo werden – und wurden? – ja vornehmlich in die Pussy eingeführt und dort mit der Hand geradeso hinein- und herausbugsiert, wie es das männliche Teil auch während des Geschlechtsakts nicht anders kann. Wie also soll die Frau dadurch zum Orgasmus kommen, wenn es mutmaßlich gar keinen vaginalen Orgasmus gibt und solcherart Friktion von Hause aus ins Leere geht? Es sei denn, auch der Dildo wird eben rein klitoridal verwendet.
Die Erklärung liefert vielleicht wieder mal Wikipedia: „Allerdings führen nur relativ wenige Frauen beim Masturbieren ihre Finger oder Gegenstände wie Dildos in die Vagina ein, die Angaben dazu liegen in verschiedenen Studien bei unter 20 Prozent... Eine schwedische Studie 2006 besagt, dass 69 Prozent der schwedischen Frauen sich bevorzugt klitoral befriedigen, 28 Prozent bevorzugen eine Kombination aus klitoraler und vaginaler Masturbation und weniger als drei Prozent ausschließlich vaginale Masturbation.“
Entweder also, Vibrator und Dildo sind wirklich ein lohnenswertes Sexspielzeug, mit dem die Frau zu ihrem Kommen kommt, – dann muss es logischerweise auch einen vaginalen Orgasmus geben; oder aber es gibt de facto keinen vaginalen Orgasmus, – dann aber können Vibrator und Dildo auch zu keinem orgasmischen Kommen führen. Mag daraus klug werden, wer will!
Es sei denn, es gibt auch noch eine dritte Möglichkeit: Vibrator und Dildo, und zumal der Vibrator, finden wirklich vor allem klitoridale Verwendung, so dass es durch die Vibrationen auch zum klitoridalen Orgasmus kommt. Völlig plausibel ist das aber nicht, da die taktilen Fähigkeiten der Fingerkuppen doch sicher um Lichtjahre einer jeden Maschine voraus sind. „Den histologischen Untersuchungen Richard K. Winkelmanns nach ist die Klitoris, neben den Fingerkuppen, der am dichtesten innervierte Teil der Körperoberfläche des Menschen“, heißt es, so dass beide ganz hervorragend aufeinander abzustimmen sind. Die Modulation der Lust nach Temperatur, Feuchte, Geschwindigkeit, Druck, wie es die eingespeichelten Finger erlauben, scheint durch keine mechanische Erfindung ersetzbar.
Nichtsdestotrotz sind Vibrator und Dildo in der Damenwelt anscheinend ziemlich begehrt. Zumal bei den masturbierenden Frauen im Porno und Onlinesex kommt er männiglich genug zum Einsatz. Zudem ist es ein allgemeiner Topos, dass sich die Frauen ja auch schon, bevor es Vibratoren oder Dildos gab – oder in Ermangelung solcher –, zur sexuellen Stimulation angeblich alle möglichen Dinge in die Muschi schoben. Gibt es also doch einen vaginalen Orgasmus?
Aber auch das ist noch kein Beweis, gibt es doch noch eine andere Option: Bestimmt hat eine onanierende Frau, um zum Orgasmus zu kommen, dabei meist auch die Vorstellung der Kopulation mit einem bestimmten Mann im Sinn – vorzüglich wohl eines solchen, mit dem sie es gern treiben und von dem sie gar gern geschwängert würde. Erinnern wir uns des Mädchens Nele, der Schwester Sisis aus der gleichnamigen Serie, die „bei der Selbstbefriedigung an Kaiser Franz Joseph (gespielt von Jannik Schümann) denkt“!
Zwar haben, laut Wikipedia, während erotische Phantasien bei Männern sehr verbreitet sind, „laut Kinsey nur die Hälfte der Frauen bei der Masturbation regelmäßig sexuelle Phantasien, für mehr als ein Drittel der Befragten ist Masturbation rein körperlich, laut Hite genießen sogar die meisten Frauen die Masturbation meist zwar physisch, nicht jedoch psychisch. Die Phantasien der Frauen sind stärker als bei Männern auf die bereits erlebten Arten sexueller Handlungen beschränkt.“
Indes: Nur die Hälfte der Frauen haben bei der Masturbation regelmäßig sexuelle Phantasien? Wer's glaubt, wird selig. Und sind die Phantasien über bereits erlebte Arten sexueller Handlungen etwa weniger wert? Das halte ich für ein Gerücht. Selbst aber wenn es stimmt, dürfte auch die Hälfte masturbierender Frauen noch eine ziemlich astronomische Größe ausmachen. Was haltet ihr davon: Ist es vorstellbar, dass eine Frau bei der Masturbation ganz ohne sexuelle Phantasien zum Orgasmus kommt?
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