Blog 43
Fazit bisheriger Diskussion: Gibt es keinen vaginalen Orgasmus, dann haben die Männer ein Problem.
Denn wie soll der Mann sich dann beim Sex überhaupt noch ,richtig' verhalten? Wie er's macht, ist's falsch: Durchdringt und -pflügt er beim Koitus vaginal-eindimensional nur ihre Pussy, bleibt die Klit verwaist und unangetastet außen vor wie der Hämmling im Harem oder der Kritiker vor der Literatur. Verfährt er dagegen vaginal-klitoridal zweidimensional und besorgt es neben der Muschi parallel oral oder manuell auch seiner Partnerin Klittie, so erscheint ihr dies Simone de Beauvoir zufolge „nicht als erregte Sinnlichkeit, sondern als ein geschickt verwendetes dem sinnlichen Empfinden“ aber entäußertes, entfremdetes und heterogenes Werkzeug.
Und womöglich noch dazu als ein nicht geschickt genug verwendetes Werkzeug, da die Frau das auf ideale Weise ja sowieso nur selber kann, durch ihre gewohnte Onanie virtuos darauf eingeschworen ist und infolgedessen die angestrengten Bemühungen des Mannes stets nur als dilettantische Scharlatanerie, Kurpfuscherei und verlorene Liebesmüh empfinden wird!
Wenn nämlich schon Samuel Becketts ,Molloy' mit männlich-lakonischem Chauvinismus darauf schwört: „Nun also. Zwischen Daumen und Zeigefinger ist man sowieso besser dran“ („Ich glaube, ich hätte eine weniger trockene und nicht so große Öffnung vorgezogen, das hätte mir eine höhere Meinung von der Liebe gegeben.“), – wie viel mehr muss das dann erst für die klitoridal verwöhnten Damen selber gelten: „Dazu kommt, dass die Onanie die Frau einerseits in der Phantasiewahl ihres Objekts, andererseits vielleicht in Art, Rhythmus und Dauer des Befriedigungsaktes verwöhnt hat“, so der Analytiker Eduard Hitschmann in Bezug auf die Klitorissexualität. (Wobei die Selbsterregerinnen sich den Daumen in der Regel sparen werden.) Soll der Partner also nicht lieber gleich die Finger von ihrem Schatzkästlein mit der Perle lassen? Sollte nicht einzig die Frau selbst sich neben der Kopulation her simultan auch klitoridal befriedigen?
Dann ist es aber wieder weibliche Selbstbefriedigung par excellence – und die Debatte dreht sich im Kreis!
Nun also, heißt das, der Mann sollte überhaupt erst gar nicht versuchen, die Frau sexuell – sprich, klitoridal – zu befriedigen? Dabei bliebe er, der nur den physischen Zugang ,von außen' hat, notgedrungen immer hinter der weiblichen Selbstbefingerung zurück und hinkte auch ihrer erotischen Phantasie ,von innen' aus hinterher, – ein Versagen, das der Frau nicht verborgen bleibt, die seiner Stümperei nicht viel abzugewinnen vermag. So jedenfalls Simone: „Vielen ist es zuwider, sich mit der Hand liebkosen zu lassen, weil die Hand ein Werkzeug ist, das an der Lust nicht teilhat, die sie verschafft, weil sie Tätigkeit und nicht sinnliches Empfinden ist ... Darüber hinaus scheint ihr jeder Wiedergutmachungsversuch die Unmöglichkeit nur zu bestätigen, die Empfindungen einer normalen Frau kennenzulernen … ,Sie wollen wie eine normale Frau zum Orgasmus kommen, jedes andere Verfahren befriedigt sie seelisch nicht.' Oft erreicht er dabei nur, dass er die Form der Wollust zerstört, die sie auf ihre besondere Art zu durchleben begonnen hatte.“
Und das will der Mann nun ja doch gerade nicht, die besondere Form ihrer Wollust zerstören!
Wie aber kommt eine ,normale' Frau zum Orgasmus? Klitoridal! Jede andere – koital-vaginale – Version befriedigt sie psychophysisch nicht! Wie Mann es also auch dreht und wendet, immer landet er bei ein und demselben unbefriedigenden Fazit: Die Frau kommt beim ausschließlich vaginalen Geschlechtsverkehr nicht zum Ziel, solange er es ihr nicht auch klitoridal besorgt; tut er das aber, taktil, manuell oder oral, ist er allemal nur der Epigone und Trittbrettfahrer ihrer authentischen Klitorissexualität in Art, Rhythmus und Dauer des Befriedigungsaktes, den sie selber besser kann; stimuliert wiederum sie sich zur Gänze selber, ist es wieder reine – koital eher gestörte – Masturbation.
Läuft so nicht bereits die ganze Art und Weise, in der die Beauvoir wie eine Katze um den heißen Brei herum streicht, auf den unabweisbaren Eindruck hinaus, dass eine Frau ihre sexuelle Befriedigung überhaupt und ausschließlich nur in der Onanie findet?
Wozu dann aber überhaupt noch der Koitus der Geschlechter?
Simone: „Der Mann begeht einen schweren Fehler, wenn er seiner Partnerin seinen eigenen Rhythmus aufzwingen und sich hartnäckig darauf versteifen will, ihr einen Orgasmus zu verschaffen.“ Es scheint daher gar nicht so gut, wenn der Mann allzu viele Skrupel hat und allzu gewissenhafte Rücksichten nimmt, statt es allein der Frau selbst zu überlassen, wie sie am besten auf ihre Kosten kommt. Dann aber sind wir fast wieder bei jenen vorsintflutlichen Zeiten, als die Männer – gesetzt, es war wirklich so! – auf die Lust der Frau überhaupt noch keine Rücksicht nahmen.
(Gesetzt, es war wirklich so, weil wir ja nicht wirklich wissen, wie weit eventuell nicht schon der wackere Homo erectus um das hedonistische Wohl seiner klitoridal erigierten Erecta bemüht war! Und in der Bibel findet sich schon im Alten Testament eine Andeutung auf den Cunnilingus, Hohelied 7, 3: „שררך אגן הסהר אל יחסר המזג … Deine Vulva ist wie ein runder Becher, dem nimmer Getränk mangelt“ … Ist es von da noch weit zu Gottfried Benns ,Palau'?
„Rot ist der Abend auf der Insel von Palau
und die Schatten sinken –“
singe, auch aus den Kelchen der Frau
lässt es sich trinken ...)
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