Blog 78
Wie muss es für eine Frau sein, den aalgleich schlingernden, von Präejakulat triefenden Phallus in sich eindringen und seine subkutane Wühlarbeit verrichten zu fühlen, aus dem ihr am Ende ein Schwall klebriger Milch eingeflößt wird? Dann liegt im Extremfall der französische Dichter Charles Baudelaire nicht allzu falsch mit seinen Versen von ,À celle qui est trop gaie':
… Le passant chagrin que tu frôles
Est ébloui par la santé
Qui jaillit comme une clarté
De tes bras et de tes épaules.
… Quelquefois dans un beau jardin
Ou je traînais mon atonie,
J'ai senti, domme une ironie,
Le soleil déchirer mon sein;
Et le printemps et la verdure
Ont tant humilié mon cœur,
Que j'ai puni sur une fleur
L'insolence de la Nature.
Ainsi je voudrais, une nuit,
Quand l'heure des voluptés sonne,
Vers les trésors de ta personne,
Comme un lâche, ramper sans bruit,
Pour châtier ta chair joyeuse,
Pour meurtrir ton sein pardonné,
Et faire à ton flanc étonné
Une blessure large et creuse,
Et, vertigineuse douceur!
A travers ces lèvres nouvelles,
Plus éclatantes et plus belles,
T'infuser mon venin, ma sœur!
… Den Kummervollen, den du im Vorübergehen streifst, trifft blendend die Gesundheit, die als Helle von deinen Armen und Schultern strahlt.
… Manchmal in einem schönen Garten, wohin ich meine Schlaffheit schleifte, zerriss die Sonne mir wie bittrer Hohn die Brust;
Der Frühling und das Grün kränkten mein Herz so sehr, dass ich die Frechheit der Natur an einer Blume strafte.
So auch möchte ich eines Nachts, wenn die Stunde der Wollüste schlägt, zu deines Leibes Schätzen feigen Sinnes lautlos schleichen,
Um dein frohes Fleisch zu züchtigen, um deine verschonte Brust zu geißeln und deiner überraschten Flanke eine klaffend tiefe Wunde zu schlagen
Und, süß taumelnder Rausch! durch diese neuen Lippen, heller und schöner leuchtende, mein Gift dir einzuflößen, meine Schwester!
,Überraschte Flanke' legt nahe, dass er mehr oder minder gewaltsam über sie herfällt und sie zur Vereinigung zwingt. ,Tiefe Wunde' kann nur bedeuten, dass ihr die Penetration alles andere als angenehm ist und sie es wie eine Körperverletzung empfindet. So auch Simone de Beauvoir: „In der Vagina erfolgt die Durchdringung und Befruchtung der Frau. Nur durch das Dazwischentreten des Mannes wird sie zu einem erotischen Zentrum, und jenes stellt immer eine Art Vergewaltigung dar“: Sie fühlt ihr frohes Fleisch gezüchtigt, ihre bislang verschonte Brust gegeißelt, ihrer überraschten Flanke eine klaffend tiefe Wunde geschlagen.
Vollends ungewöhnlich aber, dass er sein ihr wie eine Infusion eingeflößtes – ejakuliertes – Sperma persönlich als Gift empfindet: Nicht süße Milch oder ,erste Sahne' nennt er's, vielmehr ,mein Gift'. Sein Samen in ihrem Schoß ist ihr alles andere als angenehm, kann sie in ungewollte Schwangerschaft bringen, sie muss es es als schädliche Substanz empfinden.
Gift nur von ihr aus – oder schon von ihm selbst her gesehen? Dann scheint er nicht allzu viel von der Qualität seines Erbguts zu halten. Sieht er sich selbst als Phänotyp als minderwertig an, gilt das auch für seinen Genotyp, seinen genetischen Code, der als Blaupause seines Menschseins seine eigene Persona non grata vorprogrammiert. Das zeugte, abgesehen von der intendierten gesellschaftlichen Provokation des Gedichts, nicht gerade von einem besonders berauschenden Selbstwertgefühl des berühmten poète maudit. Wie er seine Schlaffheit, Krankheit, Minderwertigkeit an einer Blume straft, möchte er, indem er sie mit seinem Gift schwängert, sich an der Frechheit der Natur rächen.
Was Wunder daher, dass die Frau – gelinde gesagt – nicht im selben Maß scharf auf den Geschlechtsverkehr ist wie der Mann? Dieser kommt irgendwie immer auf seine Kosten – rüde gesagt, zum Abspritzen –, wohingegen sie notorisch unbefriedigt bleibt. Muss sie sich nicht, vom rein physischen Vorgang her, als eine Art ,Spucknapf' vorkommen? „Bald war ich selber reif, um das Schicksal meiner Mutter zu teilen“, sagt Hanife in Dinçer Güçyeters ,Unser Deutschlandmärchen', 2022. „Osman Bey kam und nahm mich mit. Ich wurde sein Weib, sein Spucknapf, einfach so ...“!
Es gibt für die Frau also förmlich gleich zwei Gründe, den Koitus nicht zu wollen: erstens hat sie nichts davon; zweitens würde sie, selbst wenn sie was davon hätte, es sich selber immer noch besser machen!
Dennoch: „Ich würde nicht behaupten, dass bei einem Blowjob oder Kamasutra nur die Lust des Mannes im Vordergrund steht“, so Nicole Engel im Netz. „Auch eine Frau kann dabei in ihre Lust kommen. Allein einen erigierten Penis anzusehen, kann sehr erregend sein.“ Könnte eine Frau nicht vielleicht schon daran Vergnügen finden, einen Mann gleichsam zu ,melken'? Was aber fängt sie mit der Milch in ihrem Schoß an?
Und wie muss eine Frau das etwa in der Menopause empfinden, wo sie für das männliche Sekret von Hause aus keine natürliche Verwendung mehr hat? Wird sie da nicht vollends zum Abtritt ihres Bettgenossen?
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