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  • freudholdriesenhar

Warum ist die Klitoris ausgewandert?

Blog 10


So wird schon jede Jungfrau, die etwas an sich herummacht, bald erfahren, dass ihre höchste Sexuallust nicht von ihrer Vagina ausgeht, sondern von der Masturbation ihrer Klit. Muss ihr das nicht gleich auch im Hinblick auf den Geschlechtsverkehr zu denken geben?

Sie wird, wenn sie's nicht schon von ihrer Mutter her weiß, schnell daraus schließen, dass der männliche Penis, der sie bloß in der Scheide penetriert und sich darauf beschränkt, ihr mit Bezug auf die Lust nichts bringt – und sie so auch zu keinem Orgasmus kommt.

Muss die Frau dadurch nicht instinktiv um so vorsichtiger werden, bevor sie überhaupt einen Mann – und welchen? – in ihren Schoß lässt? War das der Grund für die Natur im Lauf der biologischen Evolution, bei der Frau die Sexuallust von der Fortpflanzungsfunktion zu trennen?

Hätte die Hineinverlagerung der Orgasmusfähigkeit in die Vagina, und das daraus entstehende Sexualvergnügen beim Koitus, die Frauen zu allzu unberechenbarer Promiskuität verführt?

(Übrigens zeigt die Überlegung da, solange der Mann sich nicht auch der Klitoris seiner Partnerin annimmt, einen gewissen Vorteil der lesbischen Liebe – die in Ermagelung eines Penis ja von Hause aus auf die gegenseitige manuelle und orale Stimulation des Kitzlers verwiesen ist. Doch kann da auch die lesbische Liebe kaum eine Lösung sein: Die Tribaden mögen einander reizen, sich scherenmäßig ineinander verkeilen und aneinander scheuern, was das Zeug hält; – auch das wird, indem es ihrer erotischen Phantasie äußerlich bleibt, ihnen nicht den sinnlichen Genuss wie bei der einsamen Selbstbefriedigung geben. Auch hier gilt Danton's ominöses Wort: „Wir wissen wenig voneinander. Wir sind Dickhäuter, wir strecken die Hände nach einander aus, aber es ist vergebliche Mühe, wir reiben nur das grobe Leder aneinander ab, – wir sind sehr einsam.“)

Wie müssten die anatomischen Gegebenheiten denn eigentlich anders sein, damit das naive Ideal von der gemeinsamen komplementären Sexuallust der Geschlechter eine Chance hätte?

Nichts einfacher, scheint es, als das: Das hochempfindliche weibliche klitorale Organ hätte bloß, so wie die männliche Empfindsamkeit an die Unterseite des Gliedes, vorzugsweise in die Vagina selbst hinein, anstatt ihr außen vor platziert werden müssen! Oder die weibliche sexuelle Empfindungsfähigkeit wäre gleich, anstatt in die Klitoris, und unter deren Erübrigung, in die Scheide selbst hinein gepflanzt worden!

Dazu stelle man sich nur vor, die Evolution hätte die bis zu 8000 Nerven und Sinneszellen für die Vibrations- und die Berührungsempfindung, mit der sie laut Richard K. Winkelmann großzügig den Kitzler segnete, stattdessen – unmittelbar oder zusätzlich – auf die Vagina selbst verwandt, wo sie direkt auch auf die Begegnung mit dem Penis reagieren könnten! Der männliche Schaft könnte dann in unmittelbaren Kontakt mit jedem einzelnen dieser 8000 Nerven und Sinneszellen treten, die den Reiz zum Hirn der Frau weiterleiten und dort das entsprechende hedonistische Feuerwerk hätten entfachen können!

Tatsächlich ist seitens der modernen Evolutionsbiologie gelegentlich die Ansicht zu hören, die Klitoris der weiblichen Säugetiere sei, bevor sie ihre Wanderung nach außen und oberhalb an die Vulva antrat, direkt in der Vagina beheimatet und angesiedelt gewesen.

Eine exogame Wanderung nach außen? Was für kontraproduktive evolutionäre Irrläufte! Was konnte unsere naive Vorstellung der symmetrischen Lust der Geschlechter in den Jahrmillionen der Säugetierevolution so subversiv unterwandern? So nämlich bleiben beim Beischlaf die 8000 prickelnden Nerven und Sinneszellen ganz unangetastet außen vor, die Partnerin ist definitiv ,ohne vaginale Empfindsamkeit', und der Penis reibt sich chauvinistisch nur selber daran ab!

Was für ein unilaterales Vergnügen, Malheur und Schlamassel!

Bleibt eigentlich, wenn die naturgeschichtliche Entwicklung der Lust (– die ich einmal als ,Die Evolution des Paradieses' beschrieb) einen bestimmten ,Sinn' und Zweck verfolgt haben sollte, nur eine logisch mögliche Schlussfolgerung. Hatte die Evolution, wer weiß, vielleicht ganz eigene und quasi ,feministische' Gründe, die Lustfähigkeit der Frauen von ihrer Muschi zu isolieren, abzusondern und autonom werden zu lassen: die daraus resultierende Unabhängigkeit ihrer Sexuallust von einem männlichen Partner?

Denn wie? Läge der Hotspot ihrer Libido in der Vagina, wo sie beim Geschlechtsverkehr vom Penis des Mannes auf Touren gebracht würde, so hätten sie wie Eva mit dem Apfel versucht sein können, in die unkontrollierte vaginale Nymphomanie abzudriften, bei der Wahl des Sexualpartners nicht die notwendige Obacht walten zu lassen und öfter als gut für sie anonymen Sex zu betreiben. Das daraus folgende hedonistische Chaos und Durcheinander ist leicht vorstellbar.

Ist ihre Lustfähigkeit dagegen auf ein autonomes Organ übergegangen und dadurch vom Paarungsakt so gut wie unabhängig geworden, dann können sie bei der Partnerwahl allemal kühleren Kopf bewahren. So wie es die Weibchen in der sexuellen Selektion der Tierwelt – und offenbar nicht nur der Tierwelt! – ja gerade wählerisch auch zu tun pflegen?

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