Blog 23
Können die Frauen sexuell nur klitoridal befriedigt werden, und ist das durch den – gemeinhin vaginalen – Akt der Geschlechter nicht, sondern im Grunde nur durch ihre klitoridale Selbststimulation zu erreichen, – bedeutet das dann nicht, dass sie von Natur und Hause aus auf Selbstbefriedigung verwiesen sind?
Sind sie zur Onanie förmlich prädestiniert? Sind die Frauen geborene Onanistinnen? Klitoromaninnen par excellence?
Bekanntlich ist es eine der abstruseren Thesen Sigmund Freuds – der in diesen Dingen sonst wohl nicht allzu oft irrt –, dass die Frau vom infantilen und pubertären klitoralen Orgasmus zum vaginalen Orgasmus erst ,reifen' müsse.
Dies ungeachtet des manifesten und dem Laiensinn ganz unlösbaren Widerspruchs, wann und wie, wenn es überhaupt keinen vaginalen Orgasmus gibt, sie dann dazu überhaupt auch nur reifen können sollte?
Wenn aber nicht, dann käme die Frau ihr Leben lang aus ihrer klitoralen ,Unreife' ja nicht heraus. (Es ist dann gleichwie mit dem religiösen Bedürfnis, das Freud einer regelrechten geistigen Infantilität zuschreibt: „Eine besondere Bedeutung“, so in ,Das Unbehagen in der Kultur', „beansprucht der Fall, dass eine größere Anzahl von Menschen gemeinsam den Versuch unternimmt, sich Glücksversicherung und Leidensschutz durch wahnhafte Umbildung der Wirklichkeit zu schaffen. Als solchen Massenwahn müssen wir auch die Religionen der Menschheit kennzeichnen. Den Wahn erkennt natürlich niemals, wer ihn selbst noch teilt …
Um diesen Preis, durch gewaltsame Fixierung eines psychischen Infantilismus und Einbeziehung in einen Massenwahn gelingt es der Religion, vielen Menschen die individuelle Neurose zu ersparen … Das Ganze ist so offenkundig infantil, so wirklichkeitsfremd, dass es einer menschenfreundlichen Gesinnung schmerzlich wird, zu denken, die große Mehrheit der Sterblichen werde sich niemals über diese Auffassung des Lebens erheben können“!)
„Es war Sigmund Freud, der Begründer der Psychoanalyse, der die Klitoris in Verrufenheit brachte“, heißt es dazu von Anke Schaefer unter ,Deutschlandfunk Kultur' im Netz. „Er begründete den Mythos, dass der Höhepunkt, der durch die reine Penetration der Vagina entsteht, dem Orgasmus, der durch die Reizung der Klitoris ausgelöst wird, weit überlegen sei. Sehr zum Ärger vieler Frauen und Feministinnen. Die äußeren, klitoralen Empfindungen wurden entwertet, als zweitrangig, zufällig oder neurotisch erklärt, was die Männer dann immer wieder als Argument benutzt haben, um sich mit ihren eigenen Wünschen durchzusetzen und um jeden möglichen Anspruch der Frauen auf eigene Lust auszuschließen.“
Denn wenn durch die reine Penetration der Vagina überhaupt kein Orgasmus entsteht, dann kann er dem, der durch die Reizung der Klitoris ausgelöst wird, auch nicht überlegen sein. Klar, dass die Frauen sich über den grünen Klee ärgern müssen, wenn man ihr zentrales Organ der Lust so diskreditiert, entwertet, als zweitrangig, zufällig oder neurotisch erklärt!
„Die Frau spricht sich über diesen Punkt selten aus, und selbst wenn sie genau sein will, bleibt sie außerordentlich vage“, so Simone. Woher diese Vagheit? Weil die Frau den wahren Ursprung ihrer libidinösen Lust sich und anderen nicht eingestehen will? Weil sie ihre instinktiv angestammte Selbstbefriedigungsmentalität nicht offiziell bestätigen will?
Geniert sie sich, von der naturgeschichtlichen Entwicklung her selbst zur geborenen Onanistin disponiert worden zu sein?
Kein Wunder dann, dass sie, „selbst wenn sie genau sein will, außerordentlich vage bleibt“: Lügt sie sich darüber selbst was in die Tasche? Denn, so Nathalie Weidenfeld im Interview: „Ich würde sagen, Sex und Kinder sind die beiden Themen, bei denen die Frauen am meisten lügen.“ Beim Sex, erstlich: dass sie bei bloß vaginalem Koitus nicht zum Orgasmus kommen; und zweitens: dass sie diesen prinzipiell nur durch klitoridale Selbstbefriedigung bekommen können. (Viele Frauen sind aber, entsprechenden Dokumentationen nach, keineswegs so verschämt und geben, danach gefragt, ganz unumwunden zu, dass sie ihr Leben lang oft und gern onanieren. Wer wollte es ihnen verübeln?)
Natürlich kann der Mann beim Sex die Frau – mit Zunge, Lippen, Fingern – auch an der Klitoris reizen und solcherart oral und manuell zu befriedigen suchen, – doch sollte das, möchte man meinen, von Natur aus eigentlich nicht nötig sein. Im Grunde sollte die sexuelle Befriedigung beim Liebesakt doch, möchte man meinen, von Natur aus auf Gegenseitigkeit beruhen!
Denn selbst wenn der Mann intelligent und feinfühlig genug ist, die unterschiedlichen Empfindungsweisen zu erkennen, und sein Möglichstes tut, die Frau klitoridal zu befriedigen, – so bleibt doch immer noch die Frage, ob die Frau das für sich selber nicht viel besser kann? Wann immer von der simultanen wechselseitigen Stimulation beim koitalen Vorgang, wo der Penis sich in der Vagina, die Vagina sich am Penis reibt, abgewichen und allein, manuell oder oral, der Penis für sich oder, manuell oder oral, die Vagina allein für sich stimuliert wird, – in dem Moment wird auch der zwischengeschlechtliche Sex verlassen und wir sind bereits, auch wenn die Stimulation durch den Partner erfolgt und es sozusagen ,Selbstbefriedigung durch den anderen' ist, auf dem Gebiet der Masturbation. Das aber kann jeder von beiden erfahrungsgemäß für sich selber besser; nicht nur, dass er dazu überhaupt keinen Partner braucht, kann dieser dabei eigentlich nur stören.
Weiß nicht jeder aufgrund eigener Selbsterfahrung, dass bei der Masturbation die Person es am besten sich allein selber macht, dass allein sie selber fühlt, wo und wie und mit welchem Feeling, Aplomb und Geschwindigkeit sie ihr Genital handhaben muss? So oder so bliebe es auch beim Liebesakt für die Frau, klitoridal befriedigt oder nicht, immer noch bei der Masturbation.
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