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  • freudholdriesenhar

Sind die Frauen erotisch autonom?

Blog 11


Das Klitoris-System ändert sich nicht mit dem Erwachsenwerden, und die Frau behält ihr ganzes Leben lang diese erotische Autonomie.“ – Damit konstatiert Simone de Beauvoir im Gegensatz von Klitoris und Vagina eine lebenslange Selbstständigkeit der weiblichen Sexuallust, die nur indirekt mit dem normalen Coïtus gekoppelt ist.

Eine Entkoppelung und Emanzipierung des Sexus vom Akt der Fortpflanzung, wobei die Muschi eben nur durch und für den Mann zu einem erotischen Zentrum wird – währenddem das hedonistische Zentrum der Frau hauptsächlich der klitoridalen Region eingeräumt bleibt. So dass die Beschränkung des Koitus auf die Muschi, von dem die Frau nichts hat, auch immer als eine Art der ,Vergewaltigung' empfunden werde!

Ist das authentisch aus der feministischen Schule geplaudert? Dann fährt durch diesen Gegensatz der beiden Organe Klit und Vag die Frau libidinös aber zweigleisig und doppeldeutig, wobei für den Mann der Weg zur Lust primär via Vag, für die Frau heterogen via Klit zum Orgasmus führt. So braucht sie, die, was ihre sexuelle Lust betrifft, ganz auf ihre Klitoris konzentriert ist, dazu ihre Vagina nicht. Ihrer klitoralen Autarkie wegen ist sie vom Mann sexuell unabhängig und kann sich, wenn immer es ihr um den Genuss der Geschlechtslust geht, eigenständig und unabhängig von ihm sich klitoral ausschließlich selbst befriedigen.

Nur durch den Mann wird die Vagina zu einem erotischen Zentrum: Zu einem erotischen Zentrum und Hotspot aber eben nur für ihn, – während die Besitzerin selbst klitoral außen vor und in der Etappe bleibt. Will sie dagegen sexuelle Befriedigung, muss sie klitoridal masturbieren, wobei er immer nur stören kann; will er zur Klimax kommen, muss er sich an der Muschi abreiben, währenddes sie vaginal indolent bleibt und praktisch genauso wenig dabei spürt, als bekäme sie einen Einlauf oder eine Klistierspritze. Was bedeutet das?

Doch nichts anderes, als dass jeder Koitus im Grunde eigentlich eine männliche Onanie in vaginam ist, – ganz ungeachtet dessen, was er sonst dabei denkt und fühlt. So wird verständlich, dass wenn er sich sexuell an ihr und durch sie befriedigt, während sie selber nichts davon hat, die Frau das laut Simone als eine ,Art der Vergewaltigung' – oder jedenfalls doch als eine Zweckentfremdung – um nicht zu sagen, Missbrauch – ihrer Geschlechtlichkeit empfinden muss!

Was folgt streng genommen daraus? Es ist schlechterdings nicht zu leugnen: Dann war und ist jegliche Befriedigung durch den Geschlechtsakt, die man bis dato – unter anderem jene 8000 Nerven und Sinneszellen, die den Reiz zum Hirn der Frau weiterleiten, direkt in der Muschi vermutend – als absolut symmetrisch und auf Gegenseitigkeit beruhend ansah, in Wahrheit bloß ein einseitig privilegiertes, chauvinistisches Vergnügen des Mannes! Dann ,passen' Mann und Frau insofern, als nur er zum Orgasmus gelangt, in der Tat sexuell nicht ,zusammen'? Ist das in der Geschichte des Sexus schon einmal konsequent ausdiskutiert worden?

Andererseits, konnte man das nicht immer auch schon in der Zeitung lesen? Dann ist die anatomische Komplementarität der Geschlechter, die sich scheinbar so hedonistisch-harmonisch ineinander fügen – die Frau hat dort eine anatomische Einstülpung, wo der Mann eine phallische Ausbuchtung hat, die sich dann so passend in die Einbuchtung fügt, dass beide ein identisches Vergnügen daran finden –, – in Wahrheit nur eine perspektivische Täuschung und Augenwischerei! Ist das auch so Bestandteil des allgemeinen Bewusstseins, oder waren bislang immer nur wir so naiv und unbedarft, es nicht zu erkennen?

In Heinrich Heines Reisebild ,Die Stadt Lucca' äußert die englische Milady einen Eindruck, der zunächst auf den allgegenwärtigen religiösen Schwindel in der Welt gemünzt scheint: Ich glaube, Doktor, aus dem frühesten Weltalter ist uns nichts übriggeblieben als einige triste Formeln des Betrugs. Gilt das darüber hinaus en passant vielleicht auch für den allgegenwärtigen erotischen Schwindel, – und alles, was man bislang darüber vermutet, gelesen und geglaubt, war absolut irreführend und falsch?

Ob es schon Milady in diesem Sinn verstand? „Ja, ich glaube“, schreibt der Autor, „von der Sinnlichkeit hat sie nur die witzige Seite aufgefasst und ergötzt sich daran wie an einem närrischen Puppenspiel. Sie ist nicht leidenschaftlich, aber auch nicht sentimental … keine Geliebte im lyrischen Sinn“ ... – Wie aber könnte sie im koitalen Verkehr leidenschaftlich und sentimental im lyrischen Sinn sein, wenn sie vaginal gar keinerlei Sinnesorgan für die Lust hat? (Und was sie zwischen ihren Betttüchern treibt, wenn sie allein mit sich ist, weiß er ja nicht?)

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