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Hat Elizabeth Kiehl einen vaginalen Orgasmus?
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In dem Roman Schoßgebete der Autorin Charlotte Roche hat die dreiunddreißigjährige verheiratete Elizabeth Kiel Sex mit ihrem Ehemann Georg, während beide gleichzeitig stimulierende Pornofilme anschauen.
Ich liege vor ihm, schildert sie ganz unverkrampft, komplett nackt, und mache die Beine so weit auseinander, wie es geht. Er rutscht nach vorne und peitscht ein paarmal mit seinem harten Schwanz gegen meine Vagina. Ich glaube, das hat er sich auch in einem Pornofilm abgeguckt. Finde ich aber auch richtig gut, wenn er das bei mir macht. Ohne dass ich jetzt erklären könnte, warum oder was das genau soll. Ein paarmal draufgepatscht und rein. Ich komme meistens schon sehr schnell. Ein paar Stöße reichen. Und das war's dann bei mir.
Warum oder was das genau soll? Ist wohl nicht schwer zu erklären: Die geschlechtliche Erregung der Person besteht in einem elektrochemisch geladenen Feld in ihrem Kopf, – und desto gespannter das gehirnliche Feld und desto gesättigter schon mit den ausgeschütteten Endorphinen und Hormonen der Lust, desto größer ist ihre Erregung.
„,Wir sind ein Chemiebaukasten'“, so Frank Schätzing über eine seiner weiblichen Figuren: „Marianne fühlt ihren Erregungsspiegel steigen. Das hier ist bedeutend weniger langweilig als alles, worauf sie noch zu hoffen gewagt hat. ,Endorphin, Serotonin, Dopamin, Noradrenalin. Mal geschüttelt, mal gerührt.'“ Das vormals so unergründlich scheinende Geheimnis Sex ist ein biochemischer Vorgang in unserem Zentralnervensystem. Peitscht Georg seinen Steifen gegen Elizabeths Vagina – oder besser, gegen die klitoridale Region ihrer Vulva –, so wird durch die Nervenleitung der Schlag direkt an das elektrochemische Feld der sexuellen Erregung geleitet – das Feld, in dem die sexuelle Erregung besteht! – und sie empfindet es wie einen elektrischen Thrill: Sie ist vor Wollust wie elektrisiert.
Ein paar Stöße Georgs genügen, und sie geht ab wie ein explodierender Feuerwerkskörper. Das neuronale Feld sexueller Erregung entlädt sich blitzartig, die Drüsen und Vesikel der Lust gehen auf und verschütten ihren rauschhaften Inhalt an endogenen Drogen und Opiaten über ihr ganzes Gehirn. Wie der Ire James Joyce es in seinem Ulysses beispielhaft anhand einer pyrotechnischen Metapher beschreibt.
Ich muss es zitieren, weil ich es selber niemals so gut ausdrücken könnte: Und dann fliegt eine Rakete hoch, und ein heller Knall und O! – dann birst die Leuchtkugelröhre und alles seufzt O! und jeder schreit O! O! voller Begeisterung, und aus ihr heraus bricht ein Strom goldenen, haarfeinen Goldregens und sie teilen sich und ah! jetzt sind es lauter grünliche, tauähnliche Sterne, die herabfallen mit goldenen O! so herrlich! A! so weich, süß, weich!
Ein paar Stöße reichen. Und das war's dann bei mir: Der Orgasmus hat sie durchflutet.
Beneidenswert Elizabeths ekstatisches Erlebnis! Beneidenswert, aber auch problematisch! Denn heißt es nicht immer, dass es überhaupt keinen weiblichen vaginalen Orgasmus gibt!? Georgs Stöße aber spürt sie ja allein in der Vagina. Von einem Vorspiel mit Cunnilingus (von lateinisch cunnus, ,weibliche Scham' – daher das engliche cunt und spanische coño – und lingua, ,Zunge') am Kitzler – der Klitoris – ist nicht die Rede. Wie dann kann sie allein durch den Koitus orgasmieren?
Verständlich daher, dass sie an ihrem eigenen Empfinden zweifelt: Meine Mutter und führende Feministinnen haben mich so erzogen, dass es einen vaginalen Orgasmus nicht gibt. Sie sitzen immer zwischen Georg und mir und flüstern mir ins Ohr: „Es gibt keinen vaginalen Orgasmus!“ Jetzt, mit dreiunddreißig, muss ich leider ganz alleine herausfinden, dass das nicht stimmt. Beim Sex habe ich das immer gespürt und für ein psychisches Kommen gehalten. Ich dachte: Nur weil ich die Vorstellung so geil fand, gestoßen zu werden, der Gedanke, jajajaahh, er ist in mir, er füllt mich aus, ohne Berührung der Klitoris, würde ich kommen. Weil mir ja aus politischen Gründen sehr überzeugend eingetrichtert wurde, dass es ein andres Kommen außer dem klitoralen nicht gibt! Ist doch klar, dass man dann irgendwann denkt, dass man verrückt ist oder auf jeden Fall eine starke Einbildungskraft besitzt.
Mit ,psychisches Kommen' meint sie offenbar den Orgasmus als Folge ihrer erotischen Einbildungskraft: dass allein ihre sexuellen Träume und Phantasien so auf das zerebrale Feld ihrer Wollust wirken, dass es allein mental, wie in der sexuellen Selbstbefriedigung, zur explosiven Entladung kommt … und aus ihr heraus bricht ein Strom goldenen, haarfeinen Goldregens und sie teilen sich und ah! jetzt sind es lauter grünliche, tauähnliche Sterne, die herabfallen mit goldenen O! so herrlich! A! so weich, süß, weich!
Den Orgasmus kannte sie vermutlich auch schon vor ihrem dreiunddreißigsten Lebensjahr, – hat ihn ursächlich aber für durch ihre erotische Einbildungskraft bedingt gehalten. (Wobei aber, wenn es keinen vaginalen Orgasmus gibt, ein rein mental ohne gleichzeitige manuelle Reizung der Klitoris ausgelöster Orgasmus kaum möglich sein dürfte!) Ihr rein psychisches,klitoridales, nur über die Stimulation des Kitzlers erreichtes Kommen durch bloße Einbildungskraft – „die Vorstellung, gestoßen zu werden, der Gedanke, jajajaahh, er ist in mir, er füllt mich aus“ – verweist klar auf ihre weibliche Onanie, bei der sie sich via die Klitoris – zumal die Klitoriseichel, glans clitoridis – selbst befriedigt. Hand in Hand geht dies mit ihrer 'feministischen Erziehung', – offenbar die unter Frauen vorwiegend herrschende Überzeugung, sie könnten keinen vaginalen, sondern immer nur einen klitoridalen Orgasmus haben.
Jetzt aber, mit dreiunddreißig, plädiert sie erstmals auch für den vaginalen Orgasmus: Im Bett habe ich gespürt, dass meine feministische Erziehung meilenweit an der Realität vorbeigeht. Ganz klammheimlich und hinter dem Rücken meiner Mutter und dem von Alice Schwarzer habe ich gedacht: Die haben unrecht! Ich spüre das doch fast jedes Mal: Es gibt ja wohl einen vaginalen Orgasmus! Verfickt noch mal!
Dazu greift sie gar, als wäre sie durch ihre Selbsterfahrung allein noch nicht genügend überzeugt, zu einer wissenschaftlichen Begründung: Habe jetzt auch die wissenschaftliche Bestätigung gelesen in Geo Kompakt Nr. 20. Mein Lieblingsheft. Es heißt: „Liebe und Sex“. Ich habe viel daraus gelernt, noch viel mehr als aus der Emma. Alice Schwarzer sitzt immer beim Sex zwischen mir und meinem Mann und flüstert mir ins Ohr: „Ja, Elizabeth, das denkst du nur, dass du jetzt einen vaginalen Orgasmus hat, das bildest du dir nur ein, um dich deinem Mann und seinem Machtschwanz zu unterwerfen.“ Aus der besagten Geo Kompakt habe ich gelernt, dass die Frau zwei Wege hat, einen Orgasmus zu kriegen, auch auf beiden Wegen gleichzeitig. Der vaginale Orgasmus wird, jetzt mal laienhaft formuliert, durch die Nervenbahnen der Gedärme ans Hirn weitergeleitet, der klitorale durchs Rückenmark. Ich spüre manchmal ein extremes Kommen, das ist dann wahrscheinlich auf beiden Wegen gleichzeitig.
Klingt phantastisch! Wäre ihr zu gönnen! Ist sie da uns Männern, die wir durch die Reibung am Penis allein einen phallischen oder priapeischen Orgasmus haben, nicht um Längen voraus? Dagegen scheinen ,Emma' und Alice Schwarzer sowie die ganze feministische Erziehung ein für allemal der unverbrüchlichen Überzeugung, die Frau habe allemal nur einen klitoralen, durchaus keinen vaginalen Orgasmus. Ob das auch die Frauen selbst so empfinden?
Dass Elizabeth Kiel eine wissenschaftlich objektive und journaillistische Bestätigung braucht, ist zumindest verdächtig: Ihre subjektive Selbsterfahrung allein scheint ihr noch kein genügender Grund für das vaginale Kommen.
Würde doch gern wissen, wie es sich damit verhält. Wie denkt ihr darüber?
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