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Hat die Frau beim Koitus keinen Orgasmus?

Blog 21


Einmal in einer Fernsehdoku über das klassische Sexsymbol Marilyn Monroe hörte ich eine Expertin gegenüber einem bekannten Filmproduzenten wortwörtlich sagen, dass die Frauen beim Geschlechtsakt mit dem Mann gar keinen Orgasmus haben! Auch Marilyn nicht.

Der Produzent fiel bei der Neuigkeit, wenn nicht aus allen Wolken, jedenfalls doch aus Wolke sieben. Das ist natürlich nur eine weibliche Einzelstimme und wäre nur halb so schlimm, – wäre sie von der Natur und Logik der Sache her nicht so stellvertretend und überzeugend. Verständlich, dass der Mann desillusioniert aus den Socken kippte, würde er doch schon aus publikumswirksamen Gründen die Frauen ebenso in seinen Filmen wie auf der Casting Couch lieber echt orgasmieren lassen!

Bei einem Gespräch zwischen der Psychoanalytikerin Margarete Mitscherlich und der Frauenrechtlerin Alice Schwarzer hört man Erstere wie beiläufig bemerken, dass es keinen vaginalen Orgasmus gebe. Dann kann frau beim Sex, der sich auf den Vaginalverkehr beschränkt, auch keinen Orgasmus haben. Damit propagiert Frau Mitscherlich im Grunde dasselbe wie die Monroe-Expertin gegenüber dem Produzenten!

Verkehren die Männer beim Koitus rein vaginal, und gibt es keinen vaginalen Orgasmus, so folgt so klar wie die Nacht dem Tage, dass die Frau beim Koitus auch keinen Orgasmus hat! Frau Mitscherlich muss es wissen, denn sollte sie als Analystin nicht schon von Hause aus kompetent genug sein, dann gab es bestimmt genügend viele Patientinnen auf ihrer Couch, von denen sie es geklagt bekam. Offenbar ist Alice, die es ganz widerspruchslos und unkommentiert hinnahm, ganz derselben Ansicht. Ich habe von Frau Schwarzer nichts gelesen, aber vermutlich steht das auch schwarz auf weiß so in ihren Büchern.

Moderne intellektuelle Frauen nehmen hier, ungenierter als noch Simone de Beauvoir, offenbar kein Blatt vor den Mund. Andererseits haben die meisten Frauen darüber wohl äonenlang lieber den Mund gehalten, um ihren Gatten nicht den Spaß an der Freud zu verderben.

„Wie kann ein Wissenschaftler etwas so Subjektives messen wie subjektives Wohlbefinden?“, fragt der amerikanische Aufklärer Steven Pinker. „Die beste Art, herauszufinden, wie glücklich sich Leute fühlen, ist, sie danach zu fragen. Wer könnte es besser beurteilen? Ein alter Sketch aus ,Saturday Night Live' zeigt Gilda Radner in einer postkoitalen Unterhaltung mit einem nervösen Liebhaber (gespielt von Chevy Chase), der sich sorgt, dass sie keinen Orgasmus gehabt haben könnte, und sie ihn mit den Worten beruhigt: ,Manchmal habe ich einen, sogar ohne es zu merken.' Wir lachen, denn geht es um subjektive Erfahrung, dann ist die betreffende Person immer selbst die höchste Autorität.“ Indes: „Sex und Kinder sind“ und bleiben, laut Nathalie Weidenfeld, „die beiden Themen, bei denen die Frauen am meisten lügen.“

Zielt es vielleicht in dieselbe Richtung, wenn die Herausgeberin der Tagebücher Thomas Manns, Inge Jens, in einem Kommentar zum 31. März 1953 von „Thomas Manns Ahnungslosigkeit in Bezug auf Frauen“, auch nach 50 Jahren seiner Ehe noch, spricht? (Was erlaubt sie sich?)

Da könnten wir geradeso gut gleich fragen, ob selbst ein männliches Menschheitsgenie wie Shakespeare – gleichwohl er auf das Thema nicht weiter eingeht – schon über solch aufgeklärtes Wissen verfügte? Zum Beispiel mokiert Ophelia sich in eher noch harmlosem Zusammenhang über Hamlet: „Ihr seid spitz, Mylord, sehr spitz.“ Das hätte sie vielleicht lieber nicht gesagt, denn daraufhin verdreht der Prinz ihr unverblümt das Wort im Mund: „Ihr würdet zu stöhnen haben, bevor Ihr meine Spitze stumpf werden ließet“ – eine direkte Anspielung auf sein prinzliches Genital, das er sich beim Sex mit ihr würde abgestumpft haben.

Sie versteht sehr gut, was er meint, auch wenn sie's ihm nicht weiter krummnimmt: „Immer besser – und schlimmer“, sagt sie.

Nun aber, wenn die Frau beim Vaginalverkehr gar nichts empfindet – was sollte Ophelia dann überhaupt zu stöhnen haben? Vor Lust offenbar nicht. Witzelt der Dänenprinz da nicht auf Kosten der Wahrheit?

Oder hatte der große Brite gar nicht das Stöhnen vor Lust im Sinn?

Meinte er stillschweigend nur ein Stöhnen aus Ennui und stiller Duldung?

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