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Gibt es schmutzigen Sex?

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Die Filme zur Anfangszeit des Porno werden nach kurzer Pause, währenddem im Kinosaal die Coladosen und sonstiges Geschirr aufgeräumt werden, meist wiederholt, so dass man sie, bleibt man vor seinem Zwangsgedeck sitzen, sehen kann so oft man will. Also sieht man sie so oft, wie man will.

Offenbar ist es der visuelle Eindruck, der die Libido weckt. Je zahlreicher die Bilder und Szenen, und je länger sie auf den Betrachter wirken, desto mehr staut sich der triebhafte Druck. Beim Verlassen des Kinos ist sein Geschlecht von der unterschwellig schwelenden unbefriedigten Erregung so verquält und gleichsam malträtiert, dass es sich anfühlt wie ein Muskelkrampf.

Doch ist der gestaute Reiz wie die Glut unter der Asche immer noch da und jederzeit neu zu entfachen. Er begibt sich auf dem kürzesten Weg nach Hause. Es braucht nur weniger Friktionen, und er ergießt sich so eruptiv und erschöpfend wie kaum je bei der Masturbation … –

Seither ist der Porno und Onlinesex im gesellschaftlichen Bewusstsein zu einer solchen Selbstverständlichkeit – zum eigentlichen Mainstream – geworden, dass eine Zeit ohne ihn kaum mehr vorstellbar ist. Die unter Fünfzigjährigen kennen es gar nicht mehr anders. Um aber die frühere Zeit zu verstehen, braucht man sich nur vorzustellen, wie es wäre, wenn es ihn gar nicht gäbe. Und das scheint eigentlich gar nicht vorstellbar.

Der Porno, einst scheinheilig verpönt und geächtet und in die schmuddeligen Blätter und Hinterzimmer der Bordelle verbannt, steht heute digital im Zentrum der modernen Informationsgesellschaft. Auch scheint es gar nicht mehr ,Pornografie' im pejorativen Sinn, sondern einfach der befreite Sexus, der auch offiziell und öffentlich die Rolle einnimmt, die ihm im intimen Leben des Homo sapiens in Wahrheit immer schon zukam. Ein apokalyptischer Protest wie in Heines ,Götterdämmerung': Und gellend tönt ein Schrei durchs ganze Weltall... ginge durch die Welt, und eine wahre mediale Götterdämmerung wäre es, wenn er wieder verpönt und abgeschafft würde. Die Kids sehen ihn angeblich schon mit vierzehn.

Zigtausende Generationen lang war der menschliche Sex unter dem Scheffel, hinter Schloss und Verschluss gehalten, jetzt auf einmal dringt er als medialer Mainstream bis in alle Ritzen des gesellschaftlichen Bewusstseins und libidinösen Empfindens.

Übrigens scheint der Ausdruck Pornografie mit seiner präjudizierten Negativität dem Phänomen kaum gerecht zu werden. Es ist ähnlich wie beim sogenannten Atheismus, der durch das vorangestellte griechisch verneinende 'a-' als etwas Negatives hingestellt wird, während er doch längst die selbstverständliche, allmählich auch von der Mehrheit der Gesellschaft getragene Weltanschauung ist – und der theistische Gotteswahn sich als das eigentlich Pathologische herausstellt. Die Begriffe sind mithin denkbar veraltet. ,Pornografisch' konnte der Sex nur zu einer Zeit und Epoche genannt werden, als seine öffentliche Darbietung und Zurschaustellung aus gesellschaftlicher Prüderie und Rückständigkeit noch geächtet und gesetzlich unter Kuratel gestellt war.

Mittlerweile dagegen, zu einer Zeit, da der Sex ubiquitär rund um den Globus in allen Kinos weltweit über die Leinwand und die Bildschirme flimmert, hängt dem Begriff immer noch etwas Negatives, ,Schmutziges' an, das der Sache kaum gerecht wird. Es ist einfach Sex, wie es ihn immer schon gab und gibt und geben wird, nicht mehr und nicht weniger, nur dass er neuerdings auch frei von falscher Scham im Visuellen enttabuisiert ist!

Dafür gilt das Gleiche wie für die Kunst generell: Es gibt in der Kunst nichts ,Schmutziges'; es gibt immer nur gute und schlechte Kunst. Dasselbe für Sex: Es gibt beim Sex nichts ,Schmuddeliges'; es gibt nur guten und schlechten Sex; und schlechter Sex ist nur der ausgefallene, abartige, perverse! Jedermann kann wohl sehr gut das Eine vom andern unterscheiden, und was davon er tun oder lassen will, hängt allein von seiner freien sexuellen Selbstbestimmung ab. Make love, not porn! ist auch der Leitsatz des Onlinesex.

Warum ist das wirklich so eine Revolution, wenn man heute sehen kann, was man früher nicht sehen konnte? Was hat man von dieser schönen neuen Welt der promiskuitiven Bilder?

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