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Nun aber, die Frauen selber jedenfalls sollten doch wissen, ob es einen vaginalen Orgasmus gibt oder nicht. Oder hielten die meisten darüber äonenlang lieber dicht, um ihren Gatten nicht den Spaß am Sex zu verderben? Noch einmal: „Sex und Kinder sind“ laut Nathalie Weidenfeld „die beiden Themen, bei denen die Frauen am meisten lügen.“
„Wie kann ein Wissenschaftler etwas so Subjektives messen wie subjektives Wohlbefinden?“, fragt der amerikanische Autor Steven Pinker. „Die beste Art, herauszufinden, wie glücklich sich Leute fühlen, ist, sie danach zu fragen. Wer könnte es besser beurteilen? Ein alter Sketch aus ,Saturday Night Live' zeigt Gilda Radner in einer postkoitalen Unterhaltung mit einem nervösen Liebhaber (gespielt von Chevy Chase), der sich sorgt, dass sie keinen Orgasmus gehabt haben könnte, woraufhin sie ihn mit den Worten beruhigt: ,Manchmal habe ich einen, sogar ohne es zu merken.' Wir lachen, denn geht es um subjektive Erfahrung, dann ist die betreffende Person selbst die höchste Autorität.“
Also zumindest dann, wenn sie einen Orgasmus hatte, hätte sie es doch merken sollen!
Terminologisch unterschied man gelegentlich bei der Frau zwischen dem ,vaginalen' Orgasmus ausschließlich durch die vaginale Stimulation, also durch Eindringen des Penis in die Scheide, mit eingeführtem Finger, einem Vibrator oder anderen schlüpfrigen Gegenständen, – sowie dem ,klitoralen' Orgasmus, der hauptsächlich durch Stimulation der Klitoriseichel erreicht werde. Untersuchungen wie beispielsweise die Kinseys weisen darauf hin, dass ein überaus beträchtlicher Teil aller Frauen nur dann zum Orgasmus kommt, wenn der Kitzler mit stimuliert wird.
Soll es beim Vaginalverkehr zu ihrem Orgasmus kommen, muss auch die Klit gleichsam masturbiert werden; ungeachtet dessen ist nicht ausgeschlossen, dass, soll die Frau orgasmieren, dies auch allein durch die klitoridale Stimulation erreicht werden kann.
Zum Orgasmus also kommt eine Frau über die Klitoris auch, ohne dass die Vagina überhaupt in Mitleidenschaft gezogen werden muss. So macht jedes junge Mädchen, das etwas an sich herumfingert, alsbald die Erfahrung, dass ihre höchste Sexuallust nicht von ihrer Muschi ausgeht, sondern von der Masturbation ihrer Klit. Sie kann sich rein klitoridal zum Höhepunkt fingern.
„Die Erotik der Frau ist viel komplizierter ...“, erklärte die bekannte Philosophin Simone de Beauvoir in ihrem klassischen Werk ,Das andere Geschlecht. Sitte und Sexus der Frau' von 1951. „Unter anderem drückt sie sich durch den Gegensatz der beiden Organe, der Klitoris und der Vagina, aus. Im kindlichen Stadium ist jene das Zentrum der weiblichen Erotik. Einige Psychiater behaupten, es existiere bei manchen Mädchen eine vaginale Empfindlichkeit. Dies ist jedoch eine sehr umstrittene Ansicht. Jedenfalls dürfte sie nur eine nebensächliche Bedeutung besitzen. Das Klitoris-System ändert sich nicht mit dem Erwachsenwerden, und die Frau behält ihr ganzes Leben lang diese erotische Autonomie – wofern die Klitoris nicht herausgeschnitten wird, was bei gewissen primitiven Völkern die Regel ist. Das Klitoris-Spasma ist wie der männliche Orgasmus eine Art Abschwellen, das beinahe mechanisch erfolgt. Es ist jedoch nur indirekt mit dem normalen Coïtus gekoppelt und spielt bei der Zeugung keinerlei Rolle. In der Vagina erfolgt die Durchdringung und Befruchtung der Frau. Nur durch das Dazwischentreten des Mannes wird sie zu einem erotischen Zentrum, und jenes stellt immer eine Art Vergewaltigung dar.“
,Nur durch das Dazwischentreten des Mannes wird die Vagina zu einem erotischen Zentrum': weil sie bei der normalen weiblichen Erotik, der klitoralen Selbstbefriedigung, außen vor bleibt und keine maßgebliche Rolle spielt. Also wirklich nur im kindlichen Stadium ist die Klitoris das Zentrum der weiblichen Erotik? Da ist die Philosophin vielleicht selber noch Opfer der Prüderie ihrer Zeit, – scheint der Kitzler seine zentrale Stellung in der weiblichen Erotik unvermindert doch das ganze Leben hindurch nicht zu verlieren!
Neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen zufolge gelangen die meisten Frauen überhaupt nur durch Stimulation ihres Kitzlers zum Orgasmus. Die gesamte Klit ist stark mit Nervenendungen besetzt und besonders berührungsempfindlich und empfänglich für sexuelle Reize. Besonders die Klitoriseichel, die zärtlich so genannte ,Perle', in der die Nervenstränge der beiden Schenkel zusammenlaufen, ist extrem empfänglich. Den histologischen Untersuchungen Richard K. Winkelmanns nach ist die Klit, neben den Kuppen der Finger, der am dichtesten innervierte Teil der Körperoberfläche des Menschen. Sie besitzt angeblich bis zu 8000 Nerven und Sinneszellen für die Vibrations- und Berührungsempfindung, – und damit unvergleichlich viel mehr als das männliche Glied. Vergleichbare Nerven und Sinneszellen beim Penis befinden sich nur an dessen Unterseite, dabei jedoch ungleich weniger als am Kitzler. Angeblich enthält der Nervus dorsalis clitoridis doppelt so viele Nervenfasern wie der Nervus dorsalis penis.
Ist das nicht eine eklatante Ungerechtigkeit der Natur? Das schwache Geschlecht ist dann beim Sex ja auch doppelt so privilegiert! Was hat die evolutionär fortschreitende Natur sich eigentlich dabei gedacht? „Ladies first“?
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