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Der Inbegriff priapeischer Kunst?

Blog 117


Noch etwas anderes ist im Pornofilm möglich: eine exklusive spekulative Optik.

Genau dies wird anschaulich in den Einstellungen der Kamera realisiert, wenn das Geschlecht der Akteure so in den Mittelpunkt gerückt und der Rest der Personen im Hintergrund gelassen wird, dass man in Großaufnahme nur die sich ineinander verkeilenden Organe mit dem Penis in der Vagina herumfurchen sieht: Priap in Aktion.

Das Geschlecht rückt ideell und substantiell so ins Zentrum wie hypothetisch in der Freudschen Psychoanalyse.

Manchmal, bei ihrer Selbstbefriedigung, treten die Frauen perspektivisch so in Erscheinung, dass im Vordergrund die masturbierende Hand in der – gar nicht mehr schamhaften – Scham groß im Bild und in einiger Entfernung dahinter nur noch ihr erregtes Gesicht sichtbar wird. Die Frau besteht in diesem ikonischen Moment nur noch aus ihrem Geschlecht und ihrer Geschlechtslust. Manchmal erscheint in der Totale gar nur noch ihre labial umkränzte aufgerührte Vulva, so dass der Rest überhaupt verschwindet.

Es gibt Aktionen, wo die Dame ihren Kitzler befingert, der groß und leuchtend, mit strotzend unter der Vorhaut hervorquellender Klitoriseichel – der so genannten Perle – fast das Ansehen eines kleinen männlichen Penis gewinnt und in pulsierenden Zuckungen bis hin zum konvulsivischen Orgasmus anschwillt: die visuelle Reduktion des Homo sapiens auf seine libidinöse Lust. Aber ist es in manchen Augenblicken psychisch nicht auch im wirklichen Leben so? So wird nur der subjektive innere Zustand ins Äußere projiziert: „Ich reibe, und ich schubber, was das Zug hält“, schreibt Elizabeth Kiehl über ihre Masturbation. „Er guckt mir kein einziges Mal ins Gesicht. Ich bestehe ja dann auch nur aus Vagina! Ich bin meine Vagina.“ Weil das Gehirn von den Hormonen und Peptiden der Wollust so toxisch gesättigt ist, das für keine andere Empfindung mehr Freiraum bleibt.

Erinnern wir uns dazu einer klassischen Illustration des italienischen Künstlers Agostino Carracci, ,Culte de Priap' (im Internet): Da sitzt in der linken oberen Ecke, eine Schimäre in Menschengestalt, auf einem Fass ein bocksbärtiges Mannsbild nackt in der Hocke als der römische Gott der Fruchtbarkeit, Priap. Der Dichter Horaz ließ, in seiner ersten Satire, den Gott als eine hölzerne Statuette zur Sprache kommen:


Olim truncus eram ficulnus, inutile lignum,

cum faber, incertus scamnum faceretne Priapum,

maluit esse deum. deus inde ego, furum aviumque

maxima formido: nam fures dextra coercet

obscaenoque ruber porrectus ab inguine palus ...

Einst war ein Feigenklotz ich, ein unnützes Holz, als der Tischler

unschlüssig, ob eine Bank er verfertigen, ob den Priap er

sollte, es vorzog, dass er ein Gott sei. Seitdem bin ein Gott ich,

Dieben und Vögeln der größte Schreck; denn die Rechte bemeistert

Diebe samt rotem Pfahl, der ragt von der Scham meiner Lenden …

Und hier sitzt er, frontal dem Betrachter zugewandt, in sexuell so aufgegeiltem Zustand, dass ihm das erigierte Glied aus dem Schritt heraus senkrecht nach oben bis in Brusthöhe steht. Dabei ist der Phallus entgegen dem übrigen Realismus der Figur so exorbitant hypertrophiert, wie es nur die Bestückung eines hoch privilegierten Gottes sein kann. In Wahrheit ist es im übertragenen, symbolischen Sinn wohl nichts anderes als die Epiphanie der zur Gottheit erhobenen Macht des männlichen Geschlechtstriebs!

Bedenkt man nämlich die ungeheure Macht des menschlichen Sexualinstinkts, dann scheint Agostinos phallische Symbolik keineswegs übertrieben. Es ist eine ganz und gar realistische Ansicht, bei der die Macht des Sexus zu einer gegenständlich sichtbaren Größe hypostasiert wird, und erinnert an jene bekannten schematischen Darstellungen des menschlichen Gehirns, wo die durch die verschiedenen Rindengebiete gesteuerten organischen Funktionen der Größe der sie repräsentierenden Hirnareale nach dargestellt sind. Da nimmt dann beispielsweise die Hand einen Löwenanteil ein. Würde man aber die Macht des Sexualtriebs einzeichnen wollen, so bliebe, möchte man meinen, für die übrigen menschlichen Betätigungen kaum Platz mehr übrig.

Fühlt nicht der sinnliche oder gar hypersexuelle Mensch in gewissen Augenblicken sich so gepackt und überwältigt von erotischer Ekstase, dass er sich selbst als kaum recht viel mehr noch denn als ein unbeträchtliches Anhängsel seines Genitals fühlt und, wenn er dies bildhaft zum Ausdruck bringen müsste, es nicht anders tun könnte als wie in Carraccis linker oberen Ecke?

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