Blog 33
Manche Dildos sind, um auch wirklich sämtlichen Bedürfnissen der Kundin zu genügen, besonders erfindungsreich gestaltet. Sie haben dann, abgesehen von eventuell stimulierenden Noppen, die Form einer Art – stachellosen – südländischen Kaktus mit geradlinigem Hauptstamm, dem mittlings krummlinig bis parallel ein zweiter kräftiger Arm entwächst. Es gibt dafür die Bezeichnung Teufelshorn – vermutlich, weil dergleichen für religiöse Gemüter als höllisches Teufelszeug galt oder weil es in den gebrauchsfreudigen Damen den Teufel weckte, was gleichfalls dem katholischen Katechismus zuwiderläuft?
So kann die Frau mit dem Teufelshorn praktisch zweigleisig fahren, indem sie, während sie den Hauptstamm in die Vagina einführt, mit dem oberhalb auswuchernden Arm gleichzeitig die Klitoris stimuliert – wobei Letzteres offenbar das Maßgebliche und Ausschlaggebende ist. Außerdem kann, neben den Noppen variabler Gestaltung, auch noch eine entsprechend regulierbare und auf individuelle Bedürfnisse abgestimmte Vibratorfunktion zugeschaltet werden.
Es ist ein wahres Bravourstück der Technologie, gleichsam ein Multifunktionsgerät, das praktisch zwei Fliegen mit einer Klappe schlägt und zugleich ebenso zum klitoralen wie vaginalen Orgasmus taugt, falls es doch einen geben sollte. Die Frau hat dann gleichsam einen zweigleisigen Orgasmus. Aus der besagten Geo Kompakt habe sie, schreibt Elizabeth Kiehl aka Charlotte Roche, „dass die Frau zwei Wege hat, einen Orgasmus zu kriegen, auch auf beiden Wegen gleichzeitig. Der vaginale Orgasmus wird, jetzt mal laienhaft formuliert, durch die Nervenbahnen der Gedärme ans Hirn weitergeleitet, der klitorale durchs Rückenmark. Ich spüre manchmal ein extremes Kommen, das ist dann wahrscheinlich auf beiden Wegen gleichzeitig“. Das Teufelshorn scheint dafür das geeignete Werkzeug.
Nun aber, mit diesem Glanzstück ist der moderne Erfindergeist der evolutionären Natur weit voraus, hat der normale organische Penis außer dem Hauptstamm, der für die Penetration der Vag natürlich evoluiert ist, vergleichsweise doch weder Noppen noch einen vergleichbaren Nebenarm, mit dem er simultan auch den Kitzler kitzeln könnte – und siamesisch teufelsgehörnte Ausnahmen sind uns bislang nicht vorgekommen! Jedenfalls ist uns im naturgeschichtlichen Museum, auch im Salzburger Abartenkabinett nicht, kein solches Exemplar jemals aufgestoßen. Klar, dass ein normales Mannsbild bei solch technologisch ausgetüfteltem Design der kulturellen Evolution nicht mithalten kann!
Hätte Mutter Natur da nämlich mit der Technik Schritt halten sollen, würde auch dem natürlichen Penis durch biologische Mutation ein zweiter solcher Arm hinzuwachsen müssen, was unter anderem, da selbiger ja nur ein Luxus zur Verwöhnung der Frau wäre, die Frage aufwirft, ob er auch Vorhaut und Eichel hätte bekommen sollen. Natürlich brauchte er keine Öffnung für das austretende Sperma zu haben – das an der Klit für nichts und wieder nichts ins Leere verspillt würde –, eine Glans aber, die dann der weiblichen Perle zum Verwechseln ähnlich wäre, wäre aus stilistischen Gründen vielleicht nicht völlig verfehlt.
Auch im Porno und Onlinesex wird, wenn Frauen beim Onanieren sich etwas ins Fötzchen schieben, nicht erklärt, was das übers bloß klitoridale Befingern hinaus überhaupt bringen soll. Wie gesagt: Die Modulation der Lust nach Temperatur, Feuchte, Geschwindigkeit, Druck etc., wie es die eingespeichelten Finger erlauben, scheint durch kein mechanisches Design ersetzbar. Im Netz erhöhen sie, sich ihrer ekstatischen Klimax nähernd, Geschwindigkeit und Druck der über der Klit fliegenden, fast flirrenden, die Perle polierenden Finger, so dass sie den Orgasmus schier aus sich herauszuzwingen scheinen. So gerade auch die Protagonistin Candida in Weidenfelds ,Orangenprinzessin', die, nachdem die Männer wieder gegangen sind, ihre postkoitale Lust „herauszwingt, wie ein wilder, ungebändigter Tiger im Morgengrauen seinen Schmerz herausbrüllt... Dann ist alles vorbei. Unter zerwühlten Laken liegen meine aufgelösten Träume, verschwitzt zwischen meinen Schenkeln.“ (Natürlich muss allen Akteuren des Onlinesex der Orgasmus um so leichter fallen, je länger die Zeit, die seit ihrem letzten verging und je hormongesättigter daher sie neuerlich sind; und um so schwerer, je kürzer diese Frist ist! Die Vielbeschäftigten müssen sich dann manchmal jeden neuen Tropfen buchstäblich abwringen.)
Gebrauchen die Stars der Szene aber Accessoires wie diese, so vielleicht nur um der naiven Erwartungshaltung der gaffenden Voyeure willen. Dabei käme wohl kein Besucher auf die Idee, dergleichen Artefakte überhaupt zu erwarten. Beleidigen die Odalisken dadurch nicht die Intelligenz der Betrachter? Wie schon in Goethes ,Tasso': „... und wenn sie auch die Absicht hat, den Freunden wohlzutun, so fühlt man Absicht und man ist verstimmt“?… –
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