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  • freudholdriesenhar

Wie steht es da um die eheliche Liebe?

Blog 59


Mit der Zeit aber – so in meinem Roman ,Des Lebens und der Liebe Wellen' – wird auch Henris Liebesleben befriedigender. Er ist nicht mehr so blockiert wie am Anfang. Abends im Bett an Mathildens Rücken geschmiegt, umgreift er sie manchmal wortlos nach ihren Brüsten. Fügsam dann dreht sie sich zu ihm um und bietet ihm ihren Mund. Nachdem sie ihm so grünes Licht gab, hat er freie Bahn und kommt leicht mit der Hand unter ihr Nachthemd in ihren Schoß.

Offenbar meint er es ernst. Da streift sie sich selber das Nachthemd über den Kopf und liegt, gleichwie Eva im Paradies, so nackt vor ihm, wie die Evolution sie schuf. Er weidet mit seinem Mund über ihrem Leib und taucht, über Brüste, Bauch, Schenkel abwärts in ihren Schoß.

Dort, unterm dichten Busch ihrer Intimität, sucht er ihre empfindsamste Stelle und liebkost sie, mit beiden Daumen ihre äußeren Labien abspreizend, mit der Zunge. Ihre Laute geben ihm zu erkennen, wie sie es am liebsten hat. Seine Zunge dringt tiefer die Vulva hinab, züngelt in ihren Spalt und spürt, wie ihre inneren Labia ihm pulsierend entgegenschwellen. Das geblähte vaginale Gewebe verrät er ihre Erregtheit, und ob sie bereits genügend angeturnt ist.

Seine Lippen verlassen ihren Schoß und suchen den Leib aufwärts wieder nach ihrem Mund – gleiten dann aber, ihn nicht zu lange verwaist zu lassen, wieder in ihren Schoß und prüfen den Grad ihrer Erregung. Ist sie noch weiter geplustert oder schon wieder erschlafft? Aufs Neue dringt er mit der Zunge in ihre Furche, – nimmt auch seine bespeichelten Finger zu Hilfe, die tiefer reichen und mehr Druck erlauben. Der Druck ist entscheidend, nur ein stärkerer Druck lässt das neurale Feld der sexuellen Erregung in ihrem Gehirn – in dem die Geschlechtserregung besteht! – noch weiter sich dehnen und expandieren.

Und erst, nachdem er es eine Weile so getrieben, erst wenn er ihrem erregten Wimmern entnimmt, dass sie nicht geiler mehr wird – oder er ihren Konvulsionen ersieht, dass es ihr gar schon kam –, erst dann dringt er mit seinem jetzt aufs äußerste gespannten Fleisch in sie ein. Dabei flüstert er die ganze Zeit in ihr Ohr, denn nur so kann er erfahren, was sie gern hat und was nicht. „Nec blandae voces iucundaque murmura cessent“, so schon sein römischer Lieblingsdichter, Ovid, „nec taceant mediis improba verba iocis“: Schmeichelnde Laute und liebliches Flüstern sollen nicht enden, und mitten im Spiel nicht dreiste Reden verstummen. Auch er sollte mit Mathilden von Anfang an reden, denn so nur kriegt er heraus, was ihr behagt, was nicht. Wie anders könnte er erfahren, an welchen erogenen Zonen ihres üppigen Leibes er sie antörnen muss? Wie anders erfahren, welchen Druck dabei ausüben, wenn nur sie selber das wissen und es ihm mitteilen kann?

Das ist ja gerade das Charakteristische an der Sinnesempfindung: dass nur die Person selber von innen her weiß, wo, wie und was sie empfindet, und der Partner von außen her es nie mit Sicherheit weiß! Bei den Sinnen ist Einsamkeit, zu der kein Liebender vordringt. Auch der versierteste Don Juan ist hier ein Dilettant, ein Amateur, ein Stümper, der in der Geliebten herummacht, ohne sicher zu wissen, was er eigentlich tut. Und ein Pfuscherirrtum, zu glauben, dass man es überhaupt wissen könnte!

Seine Berührungen sind, wie die Spanier sagen, ,bastonazos del ciego' – Stockschläge eines Blinden. Die Lust, die der Liebende der Geliebten, die Liebende dem Geliebten spendet, ist immer nur eine aus zweiter Hand, von außen her über das Fleisch, die Physis, das grobe Leder, – indes die eigentliche Lust von innen, aus der libidinösen Phantasie des Subjekts heraus rührt. Der Liebende hat immer den Schwarzen Peter; er hinkt hinter dem subjektiven Empfinden her wie der Hase beim Wettlauf mit dem Igel: Glaubt der Hase, endlich im Ziel zu sein, ist der Igel immer schon da.

So ist auch der leidenschaftlichste Liebende immer nur der Trittbrettfahrer, Zaungast und Epigone subjektiv entspringender Lust, der dem Geliebten bloß einen epigonalen Abklatsch der Ekstasen verschafft, die dieser aus seiner ipsistischen Selbsterfahrung heraus kennt. Aber zum Mindesten das: ein gelungenes Epigonentum, zumindest so viel sollte man von ihm erwarten! Das ist das ja Typische, wenn nicht Tragische am Sex: dass nur die Person selber von innen her weiß, wo es und wie es und was ihr gefällt, so dass sie es am besten nur sich selber macht.

Man muss förmlich fragen, ob oder wozu sie einen Sexualpartner überhaupt braucht – und nicht vielmehr mit ihm auf ihre eigentliche Lust eher verzichtet?

Besonders bei der Frau, vermutet Henri, ist es, wenn sie mit dem Geliebten schläft, eher ein Verzicht auf die Lust, so dass sie zum Beischlaf sich eher um seinetwillen herbeilässt, als dass es sie von sich aus danach verlangte.

Zumindest Mathildens Großmut aber will er sich würdig erweisen – und kann es inzwischen wohl auch. Und erst wenn das Schwellkörpergewebe ihrer vaginalen Gewandung so aufgepumpt und gewulstet ist, dass es sich ihm wie prall gefüllte Schwimmblasen entgegenbläht – oder wenn er ihrer Verzückung wegen schon wieder die Luft entwichen fühlt … –, erst dann dringt sein zum Bersten erregtes Fleisch wie zwischen aufgeblasene Gummiballons in sie ein und treibt sie mit ultimativen Stößen zum Höhepunkt. Immer noch bleibt er verbal mit ihr in Verbindung, damit sie ihm koordiniert entgegenarbeitet, ihm ihren Schoß entgegenstößt, gleichwie Elizabeth Kiehl in ,Schoßgebete' eigentlich seine Stoßbewegungen vollführt, sich gegen seinen Schwanz haut, mehr als dass er sie stößt, und ihm sagt, wie es ihr frommt und wann es so weit ist, und wann es ihr kommt, und wann sie orgiastisch sich bäumt und „in dem unbegreiflichen Genuss jenes unerträglichen Schmerzes das Bewusstsein verliert, während sie in dem dampfenden Sumpf der Hängematte planscht, welche die Explosion ihres Blutes wie Löschpapier verschluckt“ …

Dann ist gewöhnlich auch er so weit, dann hält auch er sich nicht länger zurück, dann darf er mit entfesselter Leidenschaft stoßen, bis es ihm kommt und er sich in sie ergießt und mit all seinem Sein in sie verströmt. Schön wär's!

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