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Das Fehlen des vaginalen Orgasmus bestreitet aber wieder Elizabeth Kiehl in Charlotte Roches Roman ,Schoßgebete': „Meine Mutter und führende Feministinnen haben mich so erzogen, dass es einen vaginalen Orgasmus nicht gibt. Sie sitzen immer zwischen Georg und mir und flüstern mir ins Ohr: ,Es gibt keinen vaginalen Orgasmus!' Jetzt, mit dreiunddreißig, muss ich leider ganz alleine rausfinden, dass das nicht stimmt...
Aus der besagten Geo Kompakt habe ich gelernt, dass die Frau zwei Wege hat, einen Orgasmus zu kriegen, auch auf beiden Wegen gleichzeitig. Der vaginale Orgasmus wird, jetzt mal laienhaft formuliert, durch die Nervenbahnen der Gedärme ans Hirn weitergeleitet, der klitorale durchs Rückenmark. Ich spüre manchmal ein extremes Kommen, das ist dann wahrscheinlich auf beiden Wegen gleichzeitig.“
Könnte es sein, dass selbst eine so unerschrockene Autorin wie Frau Roche hier zu sich selbst und anderen ausnahmsweise nicht ehrlich ist und sich selber was vormacht? Spürt sie das ,extreme Kommen' beim Koitus wirklich? Schließlich behauptet Frau Weidenfeld sicher nicht ohne Grund, Sex und Kinder seien die beiden Themen, bei denen die Frauen am meisten lügen.
Oder hält Charlotte den weiblichen Orgasmus, der durch den inneren Druck von der Vagina aus gegen die Klitoris zustande kommt und daher im Grunde ein gleichfalls klitoraler ist, irrtümlich für einen vaginalen? (Allerdings müssen wir uns hüten, nicht einen wortklauberischen Streit über eine bloße Definition anzuzetteln: Ein koitaler, beim Koitus durch die Stimulation der Klitoris durch den Penis erreichter Höhepunkt – wobei allein durch den Vaginalverkehr die Klitoris so gereizt wird, dass es dazu kommt – ist natürlich nicht eigentlich ein vaginaler, sondern wiederum klitoridaler Orgasmus. Die Frage ist und bleibt daher, ob allein die Reizung der Innenauskleidung der Vagina selbst zur weiblichen Klimax ausreicht.)
Aber selbst wenn es alle heilige Zeit mal zu einem vaginalen Orgasmus kommen sollte, – verlässlich scheint er, im Gegensatz zum klitoridalen, nicht! Insofern scheint Simone de Beauvoir Recht zu behalten: „Die Erotik der Frau ist viel komplizierter...“ Jedenfalls bedeutet es doch, dass eine Frau sexuell sehr schwer zu befriedigen ist. De facto ist beim koitalen Verkehr im Porno und Onlinesex nicht selten zu sehen, wie die Frauen sich – offenbar der ideale Notbehelf – nebenher noch eigenhändig mit gleichsam flirrenden Fingern an der Klit stimulieren. Am Ende, wenn sie ihr Kommen haben – sofern sie es wirklich haben –, weiß man dann nicht, haben sie es vaginal vom Mann her oder klitoridal von sich selber?
Vermutlich weniger vom Mann. Also eher doch klitoridal statt vaginal.
Die beim Onlinesex scharenweise masturbierenden Frauen befingern sich nach allen Regeln der Kunst und rubbeln und schrubben und scheuern sich auf jede nur vorstellbare Weise. „Wenn er zuguckt und mich dazu auffordert, dann gebe ich Vollgas“, schreibt Elizabeth Kiehl. „Ich reibe, und ich schubber, was das Zeug hält. Er guckt mir kein einziges Mal ins Gesicht. Ich bestehe ja dann auch nur aus Vagina! Ich bin meine Vagina. Er bleibt mit dem Kopf zwischen meinen Beinen und guckt ganz genau zu, wie ich alles abrufe, was ich je über Selbstbefriedigung im Internet und auf DVD gesehen habe.“
Angesichts dessen sind wir durchaus geneigt, der besagten Expertin über Marilyn Monroe zu glauben: dass die Frauen beim Sex mit dem Mann keinen Orgasmus haben. Es gibt im Internet Myriaden von Mädchen und Frauen, die sich anscheinend scheuen oder keine Lust dazu haben, mit einem Partner zu kopulieren, – dabei aber nicht Anstand nehmen, ungehemmt vor der Kamera für sich selbst zu onanieren. Sieht immer man die Frauen sich so virtuos – meist klitoridal – zum Orgasmus fingern, muss man sich fragen, wozu sie die Männer zum Sex dann überhaupt noch brauchen?
In der Tat: dazu, nämlich für ihren Orgasmus, brauchen sie offenbar gar keinen Mann, – im Gegenteil steht er ihnen dabei eher im Weg! Wie schrieb Simone de Beauvoir? „In der Vagina erfolgt die Durchdringung und Befruchtung der Frau. Nur durch das Dazwischentreten des Mannes wird sie zu einem erotischen Zentrum, und jenes stellt immer eine Art Vergewaltigung dar.“ Offenbar brauchen sie einen Mann nur fürs Herz, nicht zum Sex. Den Koitus nehmen sie bloß mit in Kauf. (Als ich das mal am Tisch eines Lokals äußern hörte, lachte eine der anwesenden Damen laut auf: Hat ihr Lachen sie entlarvt?)
Der prominente Filmproduzent wollte das der Monroe-Expertin nicht glauben, offenbar ging es über seinen sexistischen Horizont. Ist er vielleicht einer der Ewiggestrigen? Ist er hinter dem Mond? Vermutlich gilt das für die meisten Männer in der Geschichte – und auch heute noch für die, die es vom Porno her noch immer nicht besser wissen.
Das ist natürlich ein handfester Schlag gegen das Selbstbewusstsein des Mannes, als welcher in namenloser Naivität seit je davon überzeugt war, dass auch er seine Frau sexuell befriedigen könnte. Dabei leuchtet es eigentlich ein, dass die Frauen unter Garantie nur klitoridal zu befriedigen sind, und das am besten durch sich selber. Daher die vielbeschworene ,Last mit der Lust'? So schon in Shakespeares 129stem Sonett:
All this the world well knows; yet none knows well
To shun the heaven which leads men to this hell.
All dieses weiß die Welt sehr wohl, doch niemand weiß
Dem Himmel zu entfliehn, der uns so macht die Hölle heiß.
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